Sich auf eine Stimme zu konzentrieren, erfordert sowohl Zuhören als auch Ignorieren
Stellen Sie sich vor, Sie unterhalten sich auf einer Party und versuchen, Ihrer Freundin zuzuhören, die Ihnen von ihrem Tag erzählt, während andere Leute gleichzeitig reden, lachen und feiern – schwierig, nicht wahr? Die Herausforderung, einem Sprecher zuzuhören, wenn mehrere Personen gleichzeitig sprechen, wird als Cocktailparty-Problem bezeichnet. Forscher*innen des MPI CBS haben untersucht, was im Gehirn passiert, wenn wir versuchen, uns auf einen Sprecher zu konzentrieren und einen anderen zu ignorieren.
Bild: Die Forschenden zeichneten die Gehirnaktivität der Studienteilnehmer*innen mittels EEG auf und analysierten, wie stark sich das Gehirn mit den akustischen Mustern und den sprachlichen Mustern jeder Stimme synchronisierte. Quelle: MPI CBS, Copyright: MPI CBS
Forschende am Göttingen Campus entschlüsseln Struktur und Funktion eines zentralen Hörproteins
Göttinger Forschende haben die Struktur und Funktion von Otoferlin aufgeklärt – einem Protein, das eine entscheidende Rolle im Hörprozess spielt. Fehlt Otoferlin oder ist seine Funktion beeinträchtigt, verursacht dies eine häufige Form frühkindlicher Taubheit. Die in der Fachzeitschrift „Science Advances“ erschienen Ergebnisse markieren einen Meilenstein nach über zwei Jahrzehnten Forschung zu Otoferlin am Göttingen Campus und tragen dazu bei, erste Gentherapien zur Behandlung von Taubheit zu optimieren.
Und jetzt wundern sich die CI Träger erst einmal – Taub ist Stille und Stille ist gesund. Allerdings dauert in der folgenden Studie die Stille zumeist nur sechseinhalb Minuten.
Was bewirkt bewusste Stille in Bezug auf Wohlbefinden und Gesundheit? Die „Freiburger Stille-Studien“, initiiert von Prof. Dr. Eric Pfeifer (KH Freiburg) und Dr. Marc Wittmann (IGPP Freiburg), widmen sich seit 2015 der empirischen Erforschung der Wirkung und Wahrnehmung von Stille. Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Bereits wenige Minuten Stille steigern das Wohlbefinden, fördern Entspannung und verändern die Selbst- und Zeitwahrnehmung der Teilnehmenden signifikant. In Kombination mit therapeutischen Verfahren und Natursettings zeigen sich vielfältige gesundheitsförderliche Potenziale – mit weitreichenden Implikationen für Therapie, Prävention und Forschung.
Verbesserter „Molekularer Lichtschalter“ verspricht Hilfe für blinde, taube und herzkranke Menschen
Steuerung der Zellaktivität mit Licht: Göttinger Forscher*innen des Exzellenzclusters Multiscale Bioimaging (MBExC) und des Else Kröner Fresenius Zentrums für Optogenetische Therapien der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) entwickeln lichtempfindliches Protein, das den Seh- und Hörsinn wiederherstellen und den Herzrhythmus regulieren kann. Das Besondere: Es reichen bereits sehr geringe Lichtmengen aus, um diesen „molekularen Lichtschalter“ zu bedienen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung innovativer Therapien zur Behandlung von Blindheit, Taubheit und Herzrhythmusstörungen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Biomedical Engineering“ veröffentlicht.
Bild: ChReef (ChR that excites efficiently) wurde durch die gezielte Veränderung des genetischen Bauplans eines lichtempflindlichen Proteins (grüne Struktur; unten links) für optogenetische Therapien optimiert. Abbildung: alexey chizhik/ekfz ot
Kalziumkanal im Ohr: Wie ein winziger Fehler das Hören beeinflusst
Forschende der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Göttinger Exzellenzclusters „Multiscale Bioimaging“ (MBExC) zeigen, wie die minimale Veränderung eines einzelnen Ionenkanals die Empfindlichkeit der Sinneszellen im Innenohr erhöht. Bereits leise Geräusche wie ein Flüstern werden besser wahrgenommen, verursachen aber eine anhaltende Überlastung, die langfristig den Verlust des Gehörs begünstigen kann. Diese Erkenntnisse vertiefen das Verständnis dafür, wie Schallinformationen im Ohr verarbeitet werden. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Science Advances“ erschienen.
Bild: Erstautorin Dr. Nare Karagulyan, Postdoktorandin am Institut für Auditorische Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und Mitglied des Hertha Sponer Colleges am Göttinger Exzellenzcluster „Multiscale Bioimaging" (MBExC). Copyright: UMG/Swen Pförtner
Saarländische Wissenschaftler lösen über 50 Jahre altes Rätsel der Hörforschung
Wenn wir bei einer Cocktail-Party in einer Runde stehen, in der alle durcheinanderreden, können wir trotzdem ein Gespräch mit einer Person führen. Das liegt an der Fähigkeit unseres Hörsinns, sich gezielt auf bestimmte akustische Signale zu konzentrieren und die anderen Geräusche auszublenden. Nach welcher Zeit und wie genau diese „selektive auditive Aufmerksamkeit“ die Verarbeitung entlang der Nervenbahn beeinflusst, wird seit über 50 Jahren in der Fachwelt diskutiert. Ein Team um den Saarbrücker Neurowissenschaftler Daniel Strauss hat dieses Rätsel nun gelöst – mithilfe von Tönen, die bereits die Maya an ihren Pyramiden erzeugten. Die Studie wurde im Fachjournal NeuroImage publiziert.
Grafik: © CC BY 4.0 Übersicht über die zentralen Erkenntnisse der Studie
Ganz Ohr sein - Neu an UDE: Karolin Schäfer
Taube oder schwerhörige Menschen nehmen die Welt anders wahr als hörende. Welche Erfahrungen mehrsprachige Eltern in der Förderung ihrer mit Cochlea-Implantat versorgten Kinder machen, erforscht Prof. Dr. Karolin Schäfer. Sie analysiert, wie Eltern zur Mehrsprachigkeit der Kinder beraten werden und wie sich Schwerhörigkeit im Leben auswirkt. Die neue Professorin für Pädagogik und Didaktik im Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation bildet sonderpädagogische Lehrkräfte an der Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Duisburg-Essen aus.
Ursachen von Hörverlusten sind etwa Infektionen, starker Lärm oder genetischer Art. Teils lässt sich aber keine Ursache ermitteln. Je nachdem, wie stark die Beeinträchtigung ausfällt, gibt es verschiedene Arten der Versorgung, sowohl technische als auch pädagogische: Ohroperationen, Hörgeräte oder -prothesen, sogenannte Cochlea-Implantate (CI), sowie Frühförderung in Form von bimodaler Bilingualität. Diese Förderung in Laut- und Gebärdensprache ermöglicht Kindern mit Hörbeeinträchtigung einen frühen Zugang zu Sprache und Kommunikation.
Bild: Erforscht die Welt ohne hörbare Töne: Prof. Dr. Karolin Schäfer © Teresa Rothwangl
»Listening Effort Meter« hilft bei der Postproduktion, um schlechte Sprachverständlichkeit zu vermeiden
Das vom Fraunhofer IDMT in Oldenburg entwickelte »Listening Effort Meter« (LE-Meter) ermöglicht es Tonschaffenden, die Höranstrengung während des Mischens zu visualisieren und zu überprüfen, um die Audioqualität zu optimieren. Die Technologie hat damit erneut den Weg von der wissenschaftlichen Entwicklung in die kommerzielle Anwendung gefunden und soll auf breiter Ebene Verbesserungen in der Medienproduktion ermöglichen.
Die Sprachverständlichkeit und die Höranstrengung sind für viele Menschen ein wichtiges Thema beim Medienkonsum. Denn der Mix von Musik und Sprache in modernen Produktionen stellt für viele Hörende eine große Herausforderung dar.
Bild: Das LE-Meter in NUGENs Plug-in DialogCheck bietet Tonschaffenden die Möglichkeit Höranstrengung und Sprachverständlichkeit in der Postproduktion zu visualisieren und zu optimieren. NUGEN Audio limited
Göttinger Forschungsteam gewinnt neue Erkenntnisse über den Hörsinn.
Hören beginnt mit der Dehnung elastischer molekularer „Federn“, die Ionenkanäle in den Hörsinneszellen im Ohr öffnen. Dass es diese Öffnungsfedern geben muss, wussten Forschende seit Jahrzehnten, finden konnten sie diese jedoch nicht. Ein Team des Göttinger Exzellenzclusters Multiscale Bioimaging (MBExC) hat jetzt erstmals eine solche Feder entdeckt. Ihre Ergebnisse werfen neues Licht auf den Hörsinn und die Funktion von Ionenkanälen. Sie wurden in der Fachzeitschrift „Nature Neuroscience” veröffentlicht.
Trifft Schall auf das Ohr, löst er dort winzige Bewegungen aus. Hörsinneszellen registrieren diese Bewegungen mithilfe spezialisierter Moleküle, sogenannter Ionenkanäle.
Bild: Anhand des 3D-Modells können die Forschenden den Aufbau und die Funktion der mechanischen Feder am Ionenkanal besser verstehen. Von links nach rechts: Prof. Dr. Martin Göpfert, Dr. Thomas Effertz, Dr. Philip Hehlert. Foto: Philip Hehlert
Ein internationales Forschungsteam des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA und des Sonderforschungsbereichs „Dynamische Hydrogele an Biogrenzflächen“ an der Freien Universität Berlin hat einen neuartigen Klebstoff entwickelt, der die wasserfeste Klebrigkeit der Muschelplaques mit Schleim als keimabweisendem natürlichen Material kombiniert. Dieser neue, aus Schleim gewonnene Klebstoff verhindert die Ansammlung von Bakterien und behält seinen klebrigen Halt selbst auf nassen Oberflächen.
Die Forschenden erhoffen sich, dass der Klebstoff, sobald seine Eigenschaften optimiert sind, als Flüssigkeit durch Injektion oder Spray aufgetragen werden könnte, die dann zu einem klebrigen Gel erstarrt.
Das Material könnte zum Beispiel zur Beschichtung medizinischer Implantate verwendet werden, um Infektionen und die Ansammlung von Bakterien zu verhindern. Die Ergebnisse wurden veröffentlicht in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) https://doi.org/10.1073/pnas.24159271221
Bild: Pixabay
Quelle: Freie Universität Berlin
Bereits zum sechsten Mal in Folge prämierte die Deutsche Stiftung Tinnitus & Hören mit ihrem Forschungspreis Tinnitus & Hören eine herausragende wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Ursachenforschung, Früherkennung und Therapie von Tinnitus und weiteren Hörbeeinträchtigungen. Preisträger 2024 ist der renommierte Wissenschaftler Prof. Dr. Pim van Dijk, Experte für Medizinische Physik und Professor für Audiologie an der Graduiertenschule für Medizin an der Universität Groningen (NL).
Bild: Der Forschungspreis Tinnitus & Hören 2024 wurde feierlich im Rahmen des 25. Tinnitussymposiums verliehen (v. l. n. r.): Laudator Prof. Dr. Christian Dobel, Preisträger Prof. Dr. Pim van Dijk, Prof. Dr. Birgit Mazurek, Direktorin des Tinnituszentrums Charité, Gunhild Flöter, Geschäftsführerin der Stiftung, und Bernd Strohschein, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (DTL). Foto: © Stiftung Tinnitus & Hören Charité.
Weiterlesen: Prof. Dr. Pim van Dijk erhält Forschungspreis Tinnitus & Hören 2024
Für eine bessere Gesundheitsversorgung erforschen vier interdisziplinäre Teams wie Oberflächen von Knochen-, Hör- und Wundimplantaten optimiert und Nanopartikel aus Gold in der Krebstherapie eingesetzt werden. Dazu erhalten die Teams an den Hochschulen Aalen, Offenburg, Reutlingen und Trier je 1 Million Euro von der Carl-Zeiss-Stiftung. So soll eine biokompatible Trommelfelllinse das Hörvermögen wiederherstellen, ein biomimetisches Metall bei Knochensubstanzverlust nicht nur als Ersatzmaterial dienen, sondern den Knochen nachwachsen lassen und ein Implantat sich automatisch an die verschiedenen Phasen der Wundheilung anpassen. In der Krebstherapie werden Nanopartikel aus Gold erforscht. Weiterlesen: 4 Millionen für innovative Oberflächen in der Medizin
Innovatives Implantat gegen Hörsturz siegt bei Start-up-Förderwettbewerb
Das Institute for Biomedical Translation (IBT) will biomedizinische Spitzenforschung in die klinische Praxis bringen. Dafür hat das IBT in der zweiten Förderrunde Anschubfinanzierungen in Höhe von mehr als 1,6 Millionen Euro vergeben. Neun Forschungsvorhaben haben an der Endrunde des Wettbewerbs um die Fördermittel teilgenommen, zwei Sieger kürte jetzt die Jury. Einer davon ist das Projekt Bacta Implants unter der Leitung von Privatdozentin Dr. Verena Scheper, Wissenschaftlerin an der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Gemeinsam mit ihrem Team entwickelt sie Implantate für die Behandlung von Hörstörungen.
Bild: Freut sich über den Sieg beim IBT-Start-up-Wettbewerb: Das Team des MHH-Projekts „Bacta Implants“ (von links) mit PD Dr. Verena Scheper, Martina Knabel und Annika Buchholz. Copyright: Marek Kruszewski
- Barrierefreiheit: Forschende der Uni Wuppertal arbeiten an Zertifikat für Sportstätten
- Mehr Lebensqualität bei Altersschwerhörigkeit
- Diskriminierung von Menschen mit Behinderungserfahrung durch ChatGPT und Co.:
- Dem kognitiven Abbau vorbeugen
- Seh- und Hörprobleme bleiben bei Menschen in Behinderteneinrichtungen oft unerkannt
- Forschungsförderung zum seltenen Usher-Syndrom
- Tanz der Moleküle:
- Versteckter Hörverlust
- Hörstudie: Jede Nervenfaser trainiert für sich allein
- Genauere Diagnostik für besseres Hören mit dem Cochlea-Implantat
